Raum für Wirkung

SUPER YOU – oder wie aus einer Projektidee ein wirksames Förderprogramm wird: Talentierte Jugendliche gibt es in allen Schulformen. An Hauptschulen finden jedoch viele von ihnen bisher nicht den Weg in die Talentförderung. Dies zu ermöglichen, war das Ziel des Projekts SUPER YOU. Davon ausgehend entstand eine Wirkungskette, die die Denkweise und Verhaltensmuster der Jugendlichen Schritt für Schritt beeinflusste und ihnen klar machte: Auch du bist ein Talent, das gefördert werden soll!

Auf die Frage, warum Hauptschulen und Talentförderung bisher selten zusammengehen, gibt es mehr als eine Antwort: Zum einen erkennen die Jugendlichen – und häufig auch ihr Umfeld – ihre Potenziale oft nicht. Zum anderen kann ihr Alltag durch Schwierigkeiten geprägt sein, welche die Beschäftigung mit eigenen Talenten in den Hintergrund rücken lassen. Darüber hinaus fühlen sich manche Schülerinnen und Schüler durch den Besuch der Hauptschule stigmatisiert. Sie haben es auf keine andere Schulform „geschafft“ und finden sich nun in einem System wieder, das ihnen wenig zutraut. Dies führt oft zu Frust, Perspektivlosigkeit, einem spürbaren Mangel an Ideen und einer Passivität, die die Zukunftsplanung für diese jungen Menschen schwierig macht. Die große Herausforderung einer Akademie, die diese Probleme angehen soll, besteht darin, den Jugendlichen zu zeigen, warum sich aktiv werden lohnt. Denn für manche ist die Hürde, für eine Programmteilnahme Freizeit zu opfern und (finanziellen) Aufwand für Wege zu betreiben, einfach zu hoch.

Alle Jugendliche haben Talente und ein Recht auf Förderung

Die Angebote von Bildung & Begabung sollen gezielt auch chancenbenachteiligte Jugendliche erreichen und stärken. SUPER YOU unterstützt deshalb Jugendliche an Hauptschulen in ihrer Selbstkompetenz und bei der Identitätsfindung: Wer bin ich? Was sind meine Stärken und Schwächen? Wofür brenne ich? Wer diese Fragen beantworten kann, kann leichter einschätzen, welcher Lebensentwurf der passende sein könnte und die zahlreichen Angebote zur Berufsorientierung besser nutzen.

Das Projekt setzt direkt an den Denk- und Verhaltensmustern der Jugendlichen an. Die Teilnehmenden erfahren, dass sie sich Ziele setzen und erreichen können. Sie kommen mit inspirierenden Vorbildern in Kontakt, erlernen Projektplanung und (Selbst-)Präsentation. Sie setzen eigene Vorhaben um und erleben sich als Gestaltende ihres Umfelds. Auf diese Weise können sie ihr volles Potenzial entfalten. Damit legt SUPER YOU den Grundstein für eine fundierte Berufsorientierung und die Entscheidungen über den weiteren Bildungs- oder Ausbildungsweg.

Die Wirkungskette als Entwicklungswerkzeug

Um ein wirksames Empowerment-Programm für Jugendliche der Jahrgangsstufe 8 an Hauptschulen zu entwickeln, wurde konsequent vom Ziel aus gedacht. Die Wirkungsketten wurden dabei als Entwicklungswerkzeug eingesetzt. Der große Vorteil der Wirkungslogik im Konzeptionsprozess ist, dass die folgenden Leitfragen sehr konkret beantwortet und im Blick behalten werden:

• Welche konkrete Wirkung soll das Programm auf die teilnehmenden Jugendlichen haben? Worin besteht für sie der Mehrwert?
• Woran ist die Wirkung erkennbar? Welche Kompetenzen und welches Wissen haben die Jugendlichen erworben, die beziehungsweise das sie im (Schul-)Alltag ein- und umsetzen?
• Was erfordert das Programm für eine erfolgreiche Kompetenzvermittlung?
• Welche pädagogischen und organisatorischen Rahmenbedingungen sind dafür zu schaffen?

Das konkrete Vorgehen: Akademie geht zur Schule

Um das Programm barrierefreier und zielgruppengerechter zu gestalten, war schnell klar: Begabungsfördernde Aktivitäten müssen direkt an Schulen stattfinden – auch während der Unterrichtszeit. Schon vorbereitend muss es an die Schule gehen, um die Jugendlichen und die besonderen Bedarfe in die Planungen einzubeziehen. Dementsprechend führte Bildung & Begabung vorbereitend Talenttage und Stärken-Workshops mit Bonner Haupt- und Realschulen durch. Die Erkenntnisse flossen in einen Empowerment-Baukasten. Dieser wurde von einer Expertengruppe aus Lehrkräften sowie Bildungspraktikerinnen und -praktikern entwickelt und stand dem Projektteam als Grundlage zur Verfügung.

Während der Entwicklung wurden die wirkungslogisch erarbeiteten Größen in ein entsprechendes Programm mit jugendgerechten Aktivitäten, Themen und Arbeitsweisen umgesetzt. Dabei lief die Wirkungskette als Kompass und Korrektiv immer mit. Sie erwies sich als hilfreiches Werkzeug, um bei der konkreten Ausgestaltung des Programms fokussiert zu bleiben und konstant auf die finale Wirkungsabsicht und damit den Mehrwert für die Jugendlichen einzuzahlen.

Durch Verantwortung neue Qualitäten entdecken

SUPER YOU wurde von März bis Juni 2023 mit fast 50 Schülerinnen und Schülern an zwei Bonner Hauptschulen durchgeführt. Die ersten Workshops fanden an der Schule während der Unterrichtszeit statt. Danach wurden zunehmend Zeiten und Orte außerhalb der Schule genutzt, um den Aktionsradius der Jugendlichen zu erweitern. Zunächst wurden Basisthemen erarbeitet, unter anderem: meine Interessen, Stärken & Superkräfte, Werte & Ziele. Anschließend standen die Vertiefung, praktische Umsetzung, interessenspezifische Weiterentwicklung und der Austausch mit anderen auf dem Programm. Die Teilnehmenden traten wechselseitig als Gastgebende auf und waren für die Rahmenplanung verantwortlich. Sie lernten, ihr Projekt vor anderen zu präsentieren und gestalteten gemeinsam die Abschlussveranstaltung mit externen Gästen.

Mit der wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation durch die Pädagogische Hochschule Heidelberg ist der Rückfluss der Ergebnisse in die Programmentwicklung gesichert. Ein zweiter Durchgang mit einem anhand der Erfahrungen und Ergebnisse geschärften Programm wird im Frühjahr 2024 stattfinden. Die Wirkungskette ist nach wie vor Richtschnur und Messlatte für die Weiterentwicklung des Programms. Es soll zukünftig skalier- und ausrollbar werden, um immer mehr chancenbenachteiligte Jugendliche zu befähigen, ihre Potenziale zu (er-)leben und beweisen zu können.